Beispielaufgaben für die schriftliche Prüfung im 3. Prüfungsfach Biologie

(Verfasser: Christoph Wieland)

Beispiel 1. Stress am Arbeitsplatz

Beispiel 2: Botulismus

Beispiel 1: Stress am Arbeitsplatz

Allgemeine Hinweise

Der erste Teil der Abituraufgabenstellungen (35%, hier nicht wiedergegeben) ist fachspezifisch ausgerichtet. Grundlage sind Abbildungen von Versuchsaufbauten zur Registrierung von Membranpotentialen, von aktiver Kraftentwicklung der Darmmuskulatur bei unterschiedlich starker passiver Dehnung sowie von der Reaktionen des Darmmuskels bei Reizungen von Sympathikus und Parasympathikus.

Die SchülerInnen sollen Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung beschreiben, den Zusammenhang zu den entsprechenden Versuchsergebnissen erläutern und diese interpretieren. Weiterhin sollen Rückschlüsse auf die Potentiale, die im Rahmen der normalen Darmperistaltik, Durchfall usw. zu erwarten wären, gezogen und begründet werden.

Dieser Aufgabenteil wird mit einer Problemstellung zur Wirkung des vegetativen Nervensystems auf die Darmmuskulatur abgeschlossen.

Im dritten Teil der Klausur (25 %), der hier ebenfalls nur skizziert werden soll, ist ein Problem aus dem Bereich der Molekulargenetik, die Ermittlung von DNA-Basensequenzen von einem primärem Genprodukt (hier ein Oligopeptid), wobei die Polarität der Nukleinsäuren und die entsprechend Start- und Stopp-Codone berücksichtigt werden müssen, zu bearbeiten. Die einzelnen Schritte sollen in den Gesamtprozess der Proteinbiosynthese eingeordnet und im Rahmen der Realisierung von Erbinformation interpretiert werden.

In der letzten Aufgabenstellung wird eine schematische Zeichnung zur eventuellen gentechnischen Herstellung eines der oben genannten Polypeptide mit einer anschließenden Bewertung des Verfahrens im Zusammenhang mit dem gewünschten Ergebnis erwartet.

Im Folgenden wird der zweite Teil, in dem die BINGO-Schwerpunkte liegen, im Einzelnen geschildert. Der Aufgabenteil hat einen Anteil von 40% an der Gewichtung der Gesamtnote

Aufgabenteil II

Informationen

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Der Werksarzt einer großen Firma vermittelt Informationen an den Betriebsrat mit der Bitte, Teile der Informationsinhalte bei einer Belegschaftsversammlung zum Thema "Umgang mit Stress am Arbeitsplatz und die Leistungsfähigkeit unserer Mitarbeiter" zu verwenden. Eine solche Veranstaltung wäre im Interesse von Management, Berufsgenossenschaft und Gewerkschaften, da vermutlich durch stressbegünstigte Krankheiten in den letzten Monaten einige wichtige Planungs- und Entwicklungsabläufe von den verantwortlichen Teamleitern nicht fristgerecht erfüllt werden konnten.

Stress am Arbeitsplatz

Die "Stressreaktion" ist ein Beispiel für die Verschiedenartigkeit von Hormonreaktionen an verschiedenen Erfolgsorganen, die jedoch alle auf ein gleiches Erfolgsverhalten des Gesamtorganismus hinzielen.

Definition von "Stress" (= Druck, Anspannung): Syndrom vielfältiger, physiologischer Anpassungen an unspezifische innere und äußere Reize (= Stressoren, Stressfaktoren).

Im Anfangsstadium stellt "Stress" einen körperlichen Ausdruck einer allgemeinen Mobilmachung der Verteidigungskräfte im Organismus dar. Man unterscheidet bei einer solchen Reaktionskette, die mit tief greifenden Umstellungen im Hormonsystem einhergeht, drei Phasen:

1. Alarmreaktion

2. Widerstandsreaktion

3. Erschöpfungsstadium.

Die erste Phase ist u.a. durch Senkung des Blutdrucks, Verringerung der Blutzirkulation ("Herzklopfen"), Kompartimentierung des Blutflusses (vermehrte Versorgung der Eingeweide und der Haut auf Kosten der Skelettmuskeln ("blass vor Schreck"), Erhöhung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes (siehe etwaiger Blutverlust bei Verletzungen!) ), die Bildung von Glykogen aus Glucose gekennzeichnet.

Diese erste Phase wird als sich allmählich entwickelnde Antwort des Organismus auf eine plötzlich auftretende Gefahrensituation (Stressoren) durch die Hypophyse über das limbische System, das Kleinhirn und die Nebennierenrinde, welche daraufhin Glucocorticoide ausschüttet, eingeleitet.

Die Sympathicusaktivität im Zusammenwirken mit der Ausschüttung von Adrenalin durch das Nebennierenmark führen dann bei länger anhaltender Wirkung der Stressoren in der spontan und sehr schnell ablaufenden zweiten Phase zur Stärkung der zellgebundenen Immunabwehr (erhöhte Infektionsgefahr), zur Unterdrückung entzündlicher Abwehrmechanismen und zur Bildung von Glucose aus Mineralien. Schilddrüsenhormone spielen im Zusammenhang mit "Stressreaktionen" keine Rolle für den Organismus. Es kann unter wiederholter, langandauernder und extremer Einwirkung von Stressoren über längere Zeiträume zu Thrombose, Herzinfarkt und zu verhinderter Tumorabwehr kommen.

Wenn die 2.Phase in die 3.Phase übergeht, kommt es laut Ergebnissen von Tierversuchen an Spitzhörnchen bei Dauerstress zu folgenden physiologischen Veränderungen (sog. Anpassungskrankheiten): Abnahme des Körpergewichtes, starke Zunahme der Corticoid-Hormone der Nebennierenrinde, Abnahme des Wertes für Eiweiße und Aminosäuren im Blut, Anstieg des Harnstoffgehaltes des Blutes. Todesursache bei Dauerstress: Totalzusammenbruch des Hormonsystems, Urämie wegen Nierenversagens.

Aufgabenstellungen

Aufgabe

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1.Überprüfen Sie den teilweise fehlerhaften Text zu "Stressreaktionen" auf inhaltliche Richtigkeit. Verbessern Sie die entsprechenden Passagen 2. Sie sollen als Vertreter einer Berufsgenossenschaft ein firmeninternes Seminar über "Stress am Arbeitsplatz" vorbereiten.

2.1 Um den Teilnehmern die Zusammenhänge auch graphisch vorstellen zu können, erstellen sie ein Concept Map unter Verwendung der folgenden Begriffe: stressbedingte Krankheiten, Nervensystem, Hormonsystem, Stressoren, Arbeitsplatz, Ernährung, Leistungssteigerung, Infektionskrankheiten, Betriebssport, Betriebsorganisation und Arbeitsablauf.

2.2 Wählen Sie adressatenbezogen die 4 wichtigsten Zusammenhänge aus dem Concept Map aus und erläutern Sie diese knapp und präzise.

3. Im Auftrag der Betriebsleitung sollen Sie eine 90-minütige Betriebsversammlung zum Thema "Umgang mit Stress am Arbeitsplatz" vorbereiten. Die Gründe dazu sind Ihnen im Zusammenhang mit der Information durch den Betriebsarzt genannt worden.

3.1 Entscheiden Sie, welche Experten und Funktionsträger dazu eingeladen werden sollen.

3.2 Planen Sie den inhaltlichen Ablauf mit der Reihenfolge der Beiträge.

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Beispiel 2: Botulismus

Allgemeine Hinweise

Der erste Teil (35 %) der Aufgabe ist fachspezifisch. Informationen zu den Eigenschaften und Funktionen von Herzschrittmacherzellen werden gegeben. Versuche und Schaubilder sind zu beschreiben und im Zusammenhang zu erläutern. Hypothesen sind zu entwickeln und zu begründen für mögliche Ionenvorgänge in Schrittmacherzellen und zu den Abläufen an den zugehörigen Synapsen bei Erregung des Para- bzw. Sympathikus der Herzschrittmacherzellen. Zusammenhänge zwischen den Aktivitäten des vegetativen Nervensystems und zugehörigen Aktionspotentialen in verschiedenen Lebenssituationen sollen dargestellt werden. Aufzustellende Vermutungen und Begründungen hinsichtlich der Wirkung von Botulinustoxin auf Herzschrittmacherzellen sind zu formulieren.

Der letzte Teil der Aufgabenstellung Teil III ( 25 % ) soll Themen aus einem anderen Kurshalbjahr (Genetik oder Evolution) beinhalten. Es lassen sich aus den Aminosäuresequenzen von verschiedenen Botulinustoxinen Genetik- und/oder Evolutionsaufgaben formulieren.

Im Folgenden wird wiederum derjenige Teil der Klausur zusammenhängend wiedergegeben, in dem die BINGO-Anteile ausgewiesen sind (Teil III, 40%).

Informations-
material

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Der "Kieler Mittagskurier" berichtet:

Botulismus macht wieder einmal Schlagzeilen

Qualvolles Vogelsterben im Bereich der Nordseeküste; tragischer Botulinusfall im Raum Nürnberg

Kiel, den 17.07.97 (CWN) Langsam werden sie bewegungsunfähig. Treiben sie auf dem Wasser, fällt irgendwann der Kopf nach vorn, sie ertrinken. Andere fallen erschöpft vom Himmel. Allein auf der Vogelinsel Trischen nahe der Elbmündung wurden in den vergangenen Tagen 50 Tiere krank oder tot eingesammelt, auf Scharhörn verendeten bislang sieben Silbermöven und Austernfischer. Auf der Suche nach den Ursachen tippten die Experten auf Botulismus, ein Virengift, das sich im eiskalten, fließenden Wasser bildet.Dieser spezielle Botulin-Typ (G) soll für den Menschen ungefährlich sein, für Hunde besteht jedoch Gefahr.

Beim letzten massenhaften Auftreten des Bakteriengiftes 1995 starben 16000 Vögel, vor allem Brandgänse und Möven.

Im süddeutschen Raum hat ein für den Menschen gefährliches Botulinusgift kurzzeitig für Panik gesorgt. Am Freitag und am Samstag wurden im Raum Nürnberg mehrere Menschen mit Symptomen einer Lebensmittelvergiftung in Kliniken eingeliefert. Mit Botulinustoxin Vergiftete klagen u.a. über starke Kopfschmerzen, Übelkeit, extremen Durchfall, starke Krämpfe im Bereich der Gliedmaßen, der Zungenmuskulatur, Atembeschwerden und zu niedrige Herzschlagfrequenz. Durch rechtzeitige Diagnose und sofortige Injektion von polyvalentem Botulismus-Serum konnte fast allen Opfern weitgehend geholfen werden.

Als Botulinustoxinquelle für alle aufgetretenen Vergiftungen konnte das Lebensmitteluntersuchungsamt eine für Sauerkrautspezialitäten verwendete Sauerkrautkonserve in der bekannten Gaststätte "Zum fränkischen Krauttopf" ermitteln.

In die Notaufnahme der Erlanger Universitätsklinik wurde dann am Samstagnachmittag Florian P. mit den oben genannten Symptomen eingeliefert. Mit Krämpfen der Atemmuskulatur und Herzrasen wurde er schließlich mit dem Verdacht auf fortgeschrittenen Botulismus auf die Intensivstation verlegt. Gegen 23.00 Uhr musste das erfahrene Ärzteteam von Prof. Dr. Adler den Kampf um sein Leben aufgeben. Florian.P. verstarb qualvoll an einem der tückischsten natürlichen Toxine, welches die Menschheit kennt.

Da alle Erkrankten im Verlauf der Woche Sauerkrautgerichte in der Gaststätte "Zum fränkischen Krautkopf" zu sich genommen hatten, ordnete die Behörde noch am Sonntag eine sofortige Schließung der Gaststätte an und ruft über die lokalen Medien alle Gourmets, die in den letzten Tagen im "Fränkischen Krautkopf" gespeist haben, auf, bei Auftreten erster Anzeichen der oben genannten Symptome Milch zu trinken. Falls dieses nichts nützen würde, sollte in den nächsten drei Tagen ein Lebensmittelchemiker aufgesucht werden.

Informationen zu Botulismus

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Es sind sieben Erregertypen des Botulismus mit unterschiedlichen Botulinustoxintypen (A - G) bekannt. Für den Menschen sind die Botulismustoxintypen A,B, E und F gefährlich. Botulinustoxin besteht aus einer einzigen Polypeptidkette mit einer bestimmten Aminosäuresequenz. Die tödliche Dosis an gereinigtem Rohbotulin beträgt für den Menschen weniger als 0,1 Mikrogramm.

Glücklicherweise wird Botulismus in Europa nur extrem selten beobachtet. Ganze 148 Fälle wurden zwischen 1979 und 1988 in Europa durch das Institut Pasteur registriert.

Botulismus ist eine besondere Form der Lebensmittelvergiftung, die durch das Neurotoxin Botulin hervorgerufen wird. Dieses wird von den sporen- und toxinbildenden, obligat anaeropben Bakterium clostridium botulinum gebildet.

Die Toxine werden hauptsächlich mit ungekochten Nahrungsmitteln aufgenommen, z.B. mangelhaft geräucherte, gekochte oder gesalzene Fleischwaren und ungenügend sterilisierte Konserven, vor allem auch haushaltsmäßig eingeweckten Gemüse (z.B. Bohnenkonserven), in denen sich die Clostridien bei einem pH-Wert von über 4,5 vermehren und ihre hitzelabilen Toxine produzieren können.

Botulinustoxine werden im Magen-Darm-Trakt aufgenommen und gelangen in der Regel über die Blutbahn an die motorischen Endplatten in der peripheren quer gestreiften Muskulatur. Dort und auch an den efferenten parasympathischen Fasern hemmt es die Freisetzung von Acetylcholin aus den Vesikeln an den Axonendungen. Erste Vergiftungssymptome wie Kopfschmerzen, Magenschmerzen, oft auch Übelkeit und Erbrechen, Muskelprobleme im Bereich der Gliedmaßen, Doppelsehen, Schluckbeschwerden, Sprachstörungen und Atembeschwerden treten meist nach 12 bis 40 Stunden, manchmal erst 4 bis 8 Tage nach der Aufnahme auf. In besonders schweren Fällen tritt nach 2 bis 9 Tagen der Tod ein. Die Todesursachen lassen sich aus den Angaben zu den neurophysiologischen Ursachen ableiten. Eine Behandlung der anzeigepflichtigen Krankheit ist mit hohen Dosen des polyvalenten Antiserums möglich.

Botulismus (benannt durch Müller 1870) war bereits vor über 1000 Jahren in Byzanz als Blutwurst-Krankheit bekannt. C.A.D. Kerner (1830) beschrieb den Botulismus in einer umfassenden Monographie eingehend als Wurstvergiftung. Die Bestimmung der Ursache gelang E.P.M. von Eremengen 1897.

Aufgaben-
stellung

1. Der Zeitungsartikel zum Vogelsterben und zu den Botulismusfällen im Raum Nürnberg ist von einem, anscheinend in den Naturwissenschaften wenig bewanderten Journalisten geschrieben worden und weist eine Reihe von eklatanten Fehlern auf. Nennen Sie die Zeilen, in denen Fehler vorliegen und erläutern Sie jeweils, worin der Fehler besteht.

2. Sie sollen einen Ratgeber für Botulismus verfassen. Dieser soll sich an medizinische Laien wenden. Stellen Sie kurz, präzise und adressatenbezogen die wichtigsten Sachverhalte mit Hilfe der gegebenen Informationen zu Botulismus zusammen.

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Last modifications made on December 12, 1999 by Barbara Winter