Basis der Abiturprüfung in einem Unterrichtsfach ist der in dieser Kurssequenz der gymnasialen Oberstufe erteilte Fachunterricht, der ausgewählt durch die zuständige Fachkonferenz sich wiederum an den vom Senator für Bildung erlassenen Rahmenrichtlinien inhaltlich orientiert. Die Abiturprüfungsordnung soll ebenfalls die Konzeption der Rahmenrichtlinien berücksichtigen und mit ihnen im Einklang stehen. Bundesweit gelten die Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz, die in den KMK-Richtlinien zusammengefasst sind und Ausgangspunkt für die auf Länderebene geltenden Bestimmungen sind. Alle Bestimmungen machen mehr oder weniger detailliert Aussagen zu Fachmethoden und Fachinhalten. Je früher die Verfügungen entstanden sind, desto enger beziehen sie sich auf inhaltliche und methodische Fragen des betreffenden Faches. Fachinhalte und Fachmethoden stehen deutlich im Vordergrund. Die KMK-Richtlinien als Basis für vergleichbare Abiturprüfungen in der Bundesrepublik Deutschland beziehen sich auf fachbezogene Fragestellungen, die durch die aufgeführten Beispiele erläutert werden. Die darauf aufbauenden "Richtlinien für die Anforderungen, Aufgabenstellung, ..., in der schriftlichen und mündlichen Abiturprüfung im Fach Physik vom 1.8.1992" für das Land Bremen greifen dies auf und benennen im Punkt 1.1. fachliche Qualifikationen, die eng an der naturwissenschaftlichen Arbeitsweise im Fach Physik orientiert sind. Methodenkompetenz wird nur in so weit in die Prüfung einbezogen, wie es sich um Fachmethoden wie "Durchführung und Auswertung von Messungen, ..." oder Ähnliches handelt. Dementsprechend sind die bisher entwickelten Aufgabenstellungen für die Abiturprüfung auch eng auf Fachinhalte und Fachmethoden bezogen. Da auch die KMK-Richtlinien entsprechende Vorgaben machen, ist diese Praxis bundesweit gängig. Erst in neuerer Zeit wird die Förderung von Kompetenzen in allgemein bildendem Sinne in Fachrahmenplänen erwähnt wie "Erschließen und Bearbeiten von unterschiedlichen Textarten", "Umgang mit Informationsquellen ...", etc. (vgl. Fachrahmenplan Physik, Bremen 1998). Eine konkrete Umsetzung auf die Abiturrichtlinien fehlt zur Zeit noch.
Im Modellversuch BINGO sind darüber hinausgehende Kompetenzen der SchülerInnen entwickelt worden. Die Abiturprüfung ist darauf abzustimmen.
Eine Prüfung ist immer eine punktuelle Überprüfung einer individuellen Leistung. Die gesamte Bandbreite der erworbenen Kompetenzen kann und soll damit nicht umfassend kontrolliert werden. Der Prüfer hat über die Auswahl zu entscheiden und die Prüfungsaufgabe entsprechend zu gestalten.
Die Abiturprüfung sollte aber den vorangegangenen Unterricht widerspiegeln, ihre Prüfungsgegenstände müssen dementsprechend so differenziert wie die im Unterricht zu vermittelnden Lernziele sein. Die veränderten Lernziele im Modellversuch müssen sich also auch im Abitur überprüfen lassen.
Der Unterricht in den BINGO-Kursen hatte zum Ziel, den SchülerInnen
Da im Abitur die individuelle Leistung eines Schülers, einer Schülerin bewertet werden soll, Gruppenprüfungen also ausgeschlossen sind, muss auf die Überprüfung der sozialen Kompetenz weitestgehend verzichtet werden. Fachliche und methodische Kompetenz können je nach Wahl der Aufgabenstellung Bestandteil der Prüfung sein.
Überprüfung der fachlichen Kompetenzen
Aufgaben, in denen fachliche Kompetenz überprüft wird, sind seit vielen Jahren üblich. In der Regel werden dabei Fragestellungen unter rein fachlichen Gesichtspunkten gestellt, die von dem Schüler, der Schülerin eine Bearbeitung unter überwiegend fachsystematischen (inhaltlichen wie fachmethodischen) Aspekten abverlangt. Das BINGO-Konzept geht darüber hinaus. Neben sicheren Fachkenntnissen werden weitere Kompetenzen erwartet.
Gelerntes Wissen ist nicht nur zu reproduzieren und zu reorganisieren, sondern es ist über die Grenzen des eigenen Faches hinaus in fachübergreifenden Fragestellungen sinnvoll einzusetzen. Die SchülerInnen sollen zeigen, dass sie in der Lage sind, ihr Wissen vielfältig zu nutzen, flexibel einzusetzen und auf andere, unbekannte Sachzusammenhänge zu transferieren. Damit sind auch an die Aufgabenstellungen der Prüfungen andere Anforderungen zu stellen. Praxisrelevante Probleme ermöglichen dem Schüler, der Schülerin ein Problem ganzheitlich zu betrachten und in einen komplexen Kontext zu stellen. Die Fragestellungen müssen so entwickelt werden, dass zu ihrer Lösung nur eine mehrdimensionale Betrachtungsweise beitragen kann. Die verschiedenen Qualifikationen wie Kontextwissen, Methodenkompetenz und Transferfähigkeit stehen gleichberechtigt neben dem Fachwissen. Keine Form des Wissens ist ohne die andere sinnvoll einsetzbar.
Überprüfung der Methodenkompetenzen
Die in dem Modellversuch BINGO erworbene Methodenkompetenz muss durch die Aufgabenstellung der Abiturprüfung darstellbar sein. Die erworbenen Kompetenzen in neuen Arbeitsformen müssen für die Lösung der gewählten Aufgabe unbedingt notwendig sein. Von den SchülerInnen wird erwartet, dass sie die gegebenen Informationen in einen sinnvollen Kontext stellen können und daraus unter Berücksichtigung von übergreifenden Zusammenhängen Schlussfolgerungen ziehen und diese verständlich vermitteln können. Zielorientiertes Problemlöseverhalten verbunden mit angemessenen Arbeitstechniken sind abzufordern.
Aus der Vielzahl der im Unterricht geförderten Schlüsselqualifikationen muss für die Abiturprüfung eine sinnvolle Auswahl getroffen werden. Erwartungsgemäß können nicht alle Schlüsselqualifikationen wie zum Beispiel Teamfähigkeit Bestandteil von Prüfungen sein. In den unten stehenden Beispielen sind aus der Vielfalt der Möglichkeiten fünf Schlüsselqualifikationen ausgewählt worden. Die gewählten Schwerpunkte sind in den Aufgaben für eine mündliche bzw. schriftliche Abiturprüfung in einem der naturwissenschaftlichen Grundfächern operationalisiert worden.
Die genannten Aspekte können nicht in einer Aufgabenstellung abgefordert werden. Eine sinnvolle Auswahl je nach vorgelegter Problemstellung ist zu treffen. In den nachfolgenden Beispielen wird die Vorgehensweise verdeutlicht. Die auf die Überprüfung bezogenen Aufgabenteile sind ausführlich dargestellt, die weiteren Abschnitte sind lediglich skizziert.
Der Stellenwert im Rahmen der gesamten Bewertung der Abiturprüfung in einem Prüfungsfach sollte für den BINGO-Anteil etwa 15 % bis 20 % der gesamten Fragestellung ausmachen. Dabei ist zu beachten, dass die Überprüfung der Methodenkompetenzen stets eng mit einer fachlichen Fragestellung verknüpft ist.