(Abbildungen aus: O. Jacob & W. Hoffmann: Grundlagen der Organischen Chemie. Bamberg: Buchner 1982)
Schon aus drei verschiedenen Aminosäuren können bereits sechs unterschiedliche Tripeptide gebildet werden. Geht man von größeren Peptideinheiten aus (Proteine), so nehmen die Kombinationsmöglichkeiten fast unendliche Dimensionen an. In der Tat sind Proteine die Naturstoffe mit der größten chemischen Vielfältigkeit.
Die biologische Funktion eines Proteins ist bestimmt durch seine besondere räumliche Struktur. In erster Linie wird die Struktur durch die Reihenfolge der Aminosäure-Einheiten bestimmt. Aufgrund der räumlichen Anordnung der Peptidbindungen neigen Peptidketten dazu, geordnete Grundstrukturen einzunehmen, diese werden als Sekundärstruktur charakterisiert.
Aus den Beziehungen zwischen den Seitenketten ergibt sich die typische Teilchengestalt eines Proteins, die Tertiärstruktur, hervorgegangen aus den Faltungen der Sekundärstruktur. Des öfteren lagern sich zwei oder mehrere Peptidketten zu einer kombinierten Struktur zusammen, diese nennt sich dann Quartärstruktur.
Zur Strukturaufklärung eines Proteins wird zuerst die Zusammensetzung ermittelt: Anzahl und Art der Aminosäure-Einheiten, damit die Aminosäuresequenz, also die Primärstruktur. Sensationell war vor ca. 50 Jahren die Strukturaufklärung des Peptids INSULIN, inzwischen läuft die Sequenzanalyse in den Laboren routinemäßig ab. Bekannt sind heute die Primärstrukturen von einigen tausend Proteinen. |
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Durch Röntgenuntersuchungen an kristallinen Peptiden konnte festgestellt werden, daß bestimmte räumliche Anordnungen wiederholt vorkommen. Unter Einbeziehung von Molekülmodellen wurde als Grundstruktur die a-Helix abgeleitet. Dies besagt, daß die Peptidkette schraubenartig gewunden ist. Die Peptidbindungen bilden die Außenwand eines Hohlzylinders, von dem aus nach außen die Aminosäure-Seitenketten herausragen. Die a-Helix stabilisiert sich durch intramolekulare Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Peptid-Gruppen. Das Sauerstoffatom der CO-Gruppe eines Aminosäure-Bausteins tritt jeweils mit dem Wasserstoff-Atom der NH2-Gruppe des übernächsten Bausteins in Beziehung. Der Windungsabstand dieser a-Helix beträgt 540 pm, also auf eine Windung kommen demnach 3,6 Aminosäure -Bausteine. Außerdem bildet sich eine weitere
Sekundärstruktur in Form eines b-Faltblatts heraus. Es
ist eine zickzackförmig gefaltete Fläche. Die
Peptidbindungen mehrerer parallel angeordneter Ketten treten
nun in Wechselwirkung, wobei sich intermolekulare
Wasserstoffbrücken-Bindungen ausprägen. |
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Proteine haben die Eigenschaft, bei gleicher Primärstruktur immer die gleiche typisch gewundene und gefaltete dreidimensionale Struktur auszubilden. Diese Tertiärstruktur wird durch unterschiedliche Bindungsarten festgelegt: Zwischen polaren Seitenketten der Aminosäuren-Einheiten bilden sich Wasserstoffbrückenbindungen aus. Unpolare und schwach polare Gruppen bilden untereinander typische van-der-Waals-Bindungen aus. Positiv geladene Ammoniumgruppen und negativ geladene Carboxylat-Gruppen gehen Ionenbindungen ein. Von großer Wichtigkeit für die Tertiärstruktur sind die besonderen Disulfidbrücken ( -S-S-). Hier liegen Elektronenpaarbindungen vor, die sich aus den SH- Gruppen zweier Cystein-Reste gebildet haben. Auf die Löslichkeit eines Proteins in Wasser wirkt sich die Tertiärstruktur direkt aus. Dabei lassen sich die Proteine in Hauptgruppen einteilen: Globuläre Proteine mit kugelförmiger Gestalt der Moleküle und guter Löslichkeit in Wasser, sowie in Faserproteine, deren gestreckte Moleküle in Wasser unlöslich sind Bei den globulären Proteinen zeigen polare und ionische Seitenketten nach außen. Sie gehen mit Wasser-Molekülen Wasserstoffbrückenbindungen ein und sind demnach für die Löslichkeit in Wasser verantwortlich. Im Inneren des globulären Proteins liegen Bereiche mit van-der-Waals-Bindungen vor, solche Bereiche sind praktisch absolut frei von Wasser-Molekülen. |
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Wenn ein Protein nicht nur aus einer einzigen Polypeptidkette besteht, sondern aus mehreren Ketten, spricht man von einer Quartärstruktur. Berühmtes Beispiel hierzu ist das Hämoglobin, das im Blut Sauerstoff-Moleküle transportiert. Es ist aufgebaut aus vier Polypeptidketten in der Größenordnung von jeweils ca. 145 Aminosäure-Resten. Auch viele andere Proteine sind aus mehreren Polypeptidketten zusammengesetzt. |
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Unter normalen physiologischen Bedingungen sind die Tertiär- und Quartärstrukturen von Proteinen sehr stabil. Das Erhitzen auf über 60 ° C führt jedoch bei den meisten Proteinen zu einer irreversiblen Zerstörung dieser Strukturen. Dieses bezeichnet man als Denaturierung. Bei diesen Vorgängen geht die biologische Funktionsfähigkeit verloren. Beim Eierkochen bildet sich festes Eiweiß, das ist ein typisches Beispiel für eine Denaturierung. Außerdem können Säuren, Laugen, Schwermetall-Ionen, Harnstoff und andere Reduktionsmittel die Denaturierung bewirken, die insbesondere die Disulfidbrücken aufspalten.