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Die Beschleunigung wurde als zeitliche Veränderung der Strömungsgeschwindigkeit eingeführt. Eine Übertragung auf starre Körper ermöglichte abschließend die Diskussion gleichförmiger und gleichmäßig beschleunigter Bewegungen (z.B. freier Fall). |
Nach einer Vorstellung des BINGO-Modellversuchs und seiner Ziele wurde den Schülerinnen und Schülern das Thema des Halbjahres 11.1 "Erkundung des Sandentnahmesees" bekannt gegeben. An Hand einer Karte des Sees mit einer Planzeichenerklärung und einer Überblicksansicht des Sees vom Dach des Schulgebäudes aus sollten konkrete Fragestellungen zur Seebeschaffenheit von den Schülerinnen und Schülern erkannt und in schriftlicher Form festgehalten werden. Aus der Beschäftigung mit dieser globalen Zustandsbeschreibung wurden in den nächsten beiden Stunden konkrete physikalische Fragestellungen wie Tiefenmessungen (Querschnittsprofil des Sees), Messungen zu den Strömungsgeschwindigkeiten in den Gräben und im See und Temperaturmessungen in Abhängigkeit von der Seetiefe herausgearbeitet.
Aus der Diskussion über die einzelnen Probleme, die bei der Vorbereitung zu den einzelnen Messungen auftraten, ergab sich, daß die Messungen noch am einfachsten an den Abflußgräben ausführbar sind. Als erstes Untersuchungsthema ergab sich daher "Die Bestimmung der täglich über einen der beiden Abflußgräben in den Maschinenfleet eingeleiteten Wassermenge". Zur Problemlösung mußten im Unterricht zunächst die hierfür notwendigen Begriffe und Messungen (Messung von Querschnittsfläche und Strömungsgeschwindigkeit) vermittelt werden. Anschließend war noch zu klären, wie und an welchem Ort die Messungen durchgeführt werden können.
Da am Schulzentrum Alwin-Lonke-Str. auch Vermessungstechniker ausgebildet werden, konnte in dankenswerter Weise auf Nivelliergeräte, Nivellierlatten, Bandmaße und anderes Zubehör zur Aufnahme eines Grabenquerschnittsprofils zurückgegriffen werden. Die Schüler wurden vor der Aufnahme von Meßpunkten "vor Ort" im Klassenraum insbesondere mit der Handhabung des Nivelliergerätes vertraut gemacht. Als Meßort über dem Graben wurde eine Brücke ausgewählt, da von hier aus die zur Ermittlung der Querschnittsfläche notwendigen Messungen der Wassertiefe mit einer Nivellierlatte problemlos möglich ist (-> Fotos). Die Strömungsgeschwindigkeit an der Grabenoberfläche konnte ebenfalls an einer Brücke am besten bestimmt werden. Es wurde ein Korken von der Brücke aus entgegen der Strömung ins Wasser geworfen. Wenn der Korken den angepeilten Brückenrand wieder erreichte, wurde eine Stoppuhr gestartet. Dann wartete man, bis der Korken am gegenüberliegenden Brückenrand wieder auftauchte und stoppte die Zeit ab. Der Quotient aus gemessener Brückenbreite und gestopptem Zeitintervall ergibt die Strömungsgeschwindigkeit an der Wasseroberfläche..
Die Schülerinnen und Schüler wurden in vier Gruppen zu je vier Lernenden aufgeteilt. Zwei Gruppen konnten an einem Termin das Grabenprofil an je einer Brückenseite aufnehmen und die Strömungsgeschwindigkeit messen. Alle Schülerinnen und Schüler sollten ein Protokoll erstellen. Hierzu wurde im Anschluß an die Messungen im Unterricht besprochen, wie solch ein Protokoll von der Form her geschrieben wird.
In dieser Phase wurden drei Untersuchungsthemen vergeben.
Die Messungen mußten wegen des großen hiermit verbundenen Aufwandes nachmittags erfolgen. An der breitesten Stelle des Sees in nordöstlicher Ausdehnung wurde ein ca. 250 m langes Seil über den See gespannt und an zwei Befestigungspunkten festgezurrt. An dem Seil waren alle zehn Meter Markierungen angebracht, so daß man an diesen Orten über Wasser von einem Schlauchboot aus Tiefenmessungen vornehmen konnte. Wegen der Abdrift des Seils auf dem Wasser wurde für die notwendige Ausgleichsrechnung die direkte Entfernung zwischen den beiden Ufermeßpunkten mit einem modernen Tachymeter (REC Elta der Firma Zeiss) und einem als Strahlreflektor dienenden Prisma bestimmt. Diese Messung konnte zwar nur von drei Schülern durchgeführt werden, sie gilt aber unter den BINGO-Schülern als ein "highlight" im Rahmen dieser Projektphase.
Jede der fünf Gruppen hatte nach vierzehn Tagen ein Protokoll über die durchgeführten Messungen abzugeben. Die Gruppenergebnisse wurden auf Karteikarten zusammengefaßt und an der BINGO-Pinwand veröffentlicht.
Über die aus der Beschäftigung mit Strömungen erlangte Erkenntnis, daß bei laminaren Strömungen die Kontinuitätsgleichung A·v=const. gilt, wurde der Begriff der Beschleunigung als Veränderung der Strömungsgeschwindigkeit bei verschiedenen Querschnittsflächen eingeführt. Anschließend konnten die Begriffe Geschwindigkeit und Beschleunigung problemlos auf starre Körper übertragen werden und an ihnen die idealen Bewegungszustände der gleichförmigen und der gleichmäßig beschleunigten Bewegung diskutiert werden. Uber entsprechende Weg-Zeit- und Geschwindigkeit-Zeit-Diagramme wurden dann die Bewegungsgesetze aufgestellt. Die Aufnahme von Weg-Zeit-Messungen mit einem Fallgerät ermöglichte es, den freien Fall als Beispiel einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung zu erkennen. Ein Exkurs "Der Fallturm in Bremen" über die Anwendung des freien Falls zur Erzeugung von Schwerelosigkeit beendete diese Phase.
Da die Schülerinnen und Schüler während des Projektes mit vermessungstechnischen Geräten umgegangen waren, bot dies einen Anlaß, sich über die vielfältigen beruflichen Aufgaben im Vermessungswesen zu informieren. Die Mitarbeiter des Katasteramtes in Osterholz-Scharmbeck nahmen sich die Zeit, den Schülerinnen und Schülern an einem Vormittag einen interessanten Einblick in das Katasterwesen, die Verarbeitung topographischer Aufnahmen und in den Umgang mit vermessungstechnischen Geräten zu geben. Danach wurde die einzige Physikklausur in diesem Halbjahr geschrieben. Ebenso wie die Note des ersten individuell geschriebenen Protokolls (erste Untersuchungsphase) floß sie zu etwa 40% in die gesamte Benotung ein. Das zweite Gruppenprotokoll wurde mit etwa 20% bei der Findung der Gesamtnote berücksichtigt.